ohne Licht gehts nicht – eine Einführung

Gib mir mal einen Tipp – ich brauche Lampen für’s Filmen.
Keine Ahnung, wie oft ich diese Frage schon gehört habe. Ich versuche daher mal drauf zu antworten – aber nimm Dir nen Kaffee – die Antwort könnte länger werden.

Da es wie auch überall sonst keine Universalantwort gibt, ist die erste Frage die, was man genau filmen oder fotografieren will. Sidenote: wenn’s rein um Fotos geht, solltest Du Dir Gedanken über Blitzgeräte und das passende Zubehör machen – da kennen sich aber z.B. die Jungs und Mädels bei Calumet Photographic* besser aus als ich.

Meistens geht’s aber darum, für den Social Media Auftritt, ein paar Produkte im Onlineshop oder schlicht für die Playmobilsammlung der eigenen Tochter und deren lohnenden Veräußerung im Internet ein Update anzuschaffen.

Neben ‚möglichst hell‘ und ‚einfach zu bedienen‘ sollte eine neue Lampe natürlich noch ein paar Dinge können, und so stößt man bei der Recherche dann schnell auf Begriffe wie Bi-Color, CRI, Lumen/Lux und weitere Parameter – und einigen möchte ich hier zunächst nähere Betrachtung schenken, weil es für die Auswahl der richtigen Lampe wichtig ist.

Die Frage nach der Farbtemperatur
Wer dieses Wort noch nie gehört hat: Farbtemperatur ist die Bezeichnung der Lichtfarbe des Lichts. Jeder kennt es, das Sonnenlicht ist morgens rot, mittags weiß, bei Nebel grau und nach Sonnenuntergang bläulich. Glühbirnen haben ein eher gelb-orangenes Licht – und die alte Leuchtstoffröhre im Keller hat einen Grünstich.
Letztere empfehle ich auszutauschen – aber für alle anderen Phänomene hat die Farbtemperatur die passende Beschreibung. Die Physik dahinter ist zwar komplex, aber vereinfacht gesprochen ändert sich mit zunehmender Farbtemperatur die Lichtfarbe von rot über die Orange-Gelbtöne ins Blaue.

Gemessen wird in Kelvin (K). 2700 K – 3200 K beschreiben das Licht aus Glühbirnen oder in der Abendröte, 4500 K – 5500 K das Sonnenlicht um die Mittagszeit und höhere Werte ab >6000 K das Licht bei bewölktem Himmel oder nach Sonnenuntergang.

Für’s Filmen und den Einkauf von Licht-Equipment sind diese Werte wichtig – denn Videoleuchten versuchen, die aus der Natur gewohnten Lichtstimmungen nachzuahmen, so dass z.B. eine Tageslichtleuchte ungefähr die selbe Lichtfarbe emittiert, wie die Sonne um die Mittagszeit. Eine Kunstlichtleuchte analog dazu simuliert den Schein einer Glüh- bzw. Halogen-Lampe.

Ist also klar, dass ich tagsüber filmen möchte, benötige ich auch eine Tageslichtlampe. Wenn ich einen Scheinwerfer für mein Büro benötige, um Abends das vorhandene Licht aus der Raumbeleuchtung zu verstärken, sollte die Wahl eher auf eine Kunstlicht-Lampe fallen.

Praktischerweise gibt es auch sogenannte Bi-Color – Lampen: Diese haben sowohl orangene als auch bläuliche LEDs verbaut und erlauben die Anpassung an die vorhandene Lichtstimmung. Tagsüber oder draußen stelle ich den Regler also auf Tageslicht – und drinnen kann ich mit der selben Lampe auch die Kunstlicht-Stimmung simulieren.
Das ist übrigens auch meine klare Empfehlung – so es der Geldbeutel hergibt – immer Bi-Color Lampen zu besorgen. Man erhält dadurch einfach die größte Flexibilität.

CRI/Ra/TLCI
In diesem Zusammenhang findet man dann häufig noch die Abkürzungen CRI / Ra oder auch TLCI. Diese Abkürzungen stehen für die Farbreinheit der Leuchte – insbesondere im Vergleich zu anderen Lampen. Ein Wert von 100 ist perfekt und entspricht dem Licht der Sonne. Je kleiner der Wert wird, desto größer werden die Abweichungen von diesem optimalen Level.
Abgesehen davon, dass manche Shops hier gerne übertreiben, und besonders bei günstigen Produkten in Kombination mit sehr guten Werten ein gesundes Misstrauen nicht fehl am Platz ist, sollte der Wert in jedem Fall über 90 liegen. 93-95% sind sehr gute Werte für den CRI. Der TLCI ist eine neuere, verbesserte Messmethode – die Bewertung ist sehr ähnlich, auch hier sollten die Werte möglichst hoch und in jedem Fall über 85% liegen.

die richtige Bauform…
Die nächste Frage ist die Frage nach der Bauform. Ganz grob unterscheidet man Punkt- und Flächenleuchten.
Der Hauptunterschied ist, dass punktförmige Lichtquellen harte Schatten werfen, während Flächenleuchten ein weicheres, schmeichelnderes Licht generieren. Je größer die abstrahlende Fläche, desto weicher das Licht.
Durch Lichtformer – z.B. Softboxen, Diffusoren oder Reflektoren – kann das Licht auch bearbeitet werden. So ermöglicht eine große Diffussionsfläche, z.B. von einem Faltreflektor*, vor einer punktförmigen Lichtquelle ebenfalls ein weiches Licht.

Ob man weiches oder hartes Licht benötigt, ist eine Stilfrage – also eine Frage der gewünschten Bildwirkung.
Wenn man Menschen filmt oder fotografiert, ist in den meisten Fällen weicheres Licht förderlicher, es macht einen natürlicheren Bildeindruck. Damit zu starten ist kein Fehler.

Je nach Budget ist der Markt natürlich groß, und insbesondere im Einsteigersortiment auch unübersichtlich. Hunderte ähnliche Lampen und Pakete, vorwiegend aus Fernost und mit zumeist skurril übersetzten Leistungsbeschreibungen fluten die Shopping-Portale.

Softboxen für den Einstieg
Die einfachsten und günstigsten Lösungen sind hier Softbox-Systeme, meist auf Basis eine E27 Schraubfassung für ganz normale Glühbirnen. Der Vorteil: sie sind günstig, und bieten häufig im Set ein einigermaßen funktionsfähiges Paket.
Der Nachteil: die Verarbeitungsqualität ist meist miserabel. Wenn klar ist, dass Du die Lampen dauernd auf- und abbauen musst, rate ich klar davon ab. Willst Du ein kleines Studio einrichten, und die Lampen aufgebaut lassen, kann man dem eine Chance geben.
Ich selbst besitze seit Jahren ein solches Set – man kann damit durchaus arbeiten, wenngleich professionelle Scheinwerfer natürlich völlig andere Möglichkeiten und Qualität bieten.
Tipp: für die E-27 Fassung gibt es leistungsstarke Bi-Color Leuchtmittel*. Diese kosten zwar häuft mehr als der Lampenschirm, verwandeln die Billig-Softbox aber in ein deutlich flexibleres Werkzeug.

LED Flächenleuchten
Sehr häufig fällt die Wahl auf LED-Panels* – also kleine bis mittelgroße Flächenleuchten, die mit einer Vielzahl von LEDs bestückt sind. Solche Panels sind vor allem dann optimal, wenn man flexibel und mobil sein möchte, denn sie sind relativ kompakt, robust, und bieten aufgrund der flächigen Bauform auch ohne Softbox schon ein relativ weiches Licht. Von sehr kleinen Modellen, die man auch problemlos auf die Kamera schrauben kann für ein mobiles Setup, über mittelgroße Modelle bis hin zu filmreifen Scheinwerfern mit perfekter Farbwiedergabe und RGB-Farbmischung für grenzenlose Flexibilität ist für jeden Geldbeutel etwas dabei.
Fast alle diese Lampen lassen sich auch mit Akkus betreiben – was den mobilen Einsatz weiter fördert.
Eine kleine Liste von Lampen, die ich schon selbst in der Hand hatte, habe ich auf meiner Kit.Co – Seite* zusammengestellt.

COB-Lampen und der Bowens-Mount
Wer auf hohe Qualität setzt, und v.a. tiefer in die Lichtgestaltung einsteigen möchte, dem möchte ich die Welt der COB-LED-Leuchten nahelegen. ‚COB‘ steht für ‚Chip on Board‘ und bezeichnet eine einzelne, sehr große und helle LED. Lampen dieser Bauform sind sehr kompakt, und immer Punktlichtquellen – werfen also im Standard-Zustand harte Schatten.

Der große Vorteil: Fast alle dieser Lampen haben einen sog. Bowens-Mount – ein standardisierter Bajonett-Anschluss für Zubehör. Bis vor kurzem war dies für Fotografen und deren Blitzgeräte reserviert, doch die fortschreitende LED-Technik hat leistungsstarke COB-Dauerlicht-Leuchten erschwinglich gemacht.
Über den Bowens-Mount können nur beliebig Softboxen aller Formen und Größe, aber auch Linsen, Projektor-Vorsätze oder Flügeltore angebracht werden. Man benötigt also nicht mehr mehrere Lampen für unterschiedliche Lichtstimmungen, sondern verwendet die selben Lampen, und tauscht nur die Zubehörteile je nach Anforderung aus.

Explizit empfehlen kann ich die Lampen des Herstellers Aputure*. Ich besitze selbst mehrere davon, denn die neuen Versionen bieten endlich auch eine Ton-taugliche Kühltechnik, sprich die aktiven Lüfter sind qualitativ so hochwertig, dass das Lüftergeräusch in 99% aller Fällen kein Hindernis für gute Tonaufnahmequalität mehr sind.
Die Lampen sowie diverses Zubehör können z.B. beim Musikhaus Thomann gekauft werden – klick Dich gerne in meine kleine Auswahl an COB-Leuchten und Zubehör*.

Jetzt habe ich mal die wichtigsten Infos zusammen – damit sollte zumindest equipmenttechnisch einer gelungenen Filmaufnahme nichts mehr im Wege stehen.
Tipps zur Anwendung gibt’s übrigens im neuen Online-Kurs der SimpleX Akademie, an dem ich als Referent auftreten darf – übrigens nicht nur zum Thema Licht, sondern auch zu weiteren Themen rund um die richtige Aufnahmetechnik. –> Klick Dich gerne rein <–